Volkskrankheit Diabetes "Der stille Killer"

Volkskrankheit Diabetes "Der stille Killer"

Diabetes ist auf einem beängstigenden Vormarsch, weltweit sind bereits 230 Millionen davon betroffen und alle zehn Sekunden stirbt ein Diabetiker an den Folgen der Krankheit.

 

Diabetes
 
Mit 39 Millionen Betroffenen leben die meisten Diabetiker zur Zeit in China, gefolgt von Indien mit geschätzten 30 Millionen. Mit rund 21 Millionen nehmen die USA den dritten Platz ein. Nach Schätzungen der Deutschen Diabetes Union e. V. (DDU) leiden in Deutschland mindestens sechs Millionen an einem Diabetes mellitus. Die Dunkelziffer dürfte diese Zahl aber weit überschreiten.
„Die Zahlen sind mehr als alarmierend“, kommentierte der derzeitige Präsident der Internationalen Diabetes-Föderation (IDF), Martin Silink aus Australien, die Ergebnisse:

„Diabetes fordert mittlerweile genauso viele Opfer wie AIDS, alle zehn Sekunden stirbt ein Diabetiker an den Folgen seiner Erkrankung“.

Für die nächsten zehn Jahre rechnen die Experten mit einem Anstieg der Diabetes bedingten Sterblichkeitsrate um weitere 25 Prozent.

Das Krankheitsbild   
Unter dem Begriff Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) werden verschiedene Störungen des Kohlehydratstoffwechsels zusammengefasst, die durch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet sind. Die Medizin unterscheidet die beiden wichtigsten Formen in Typ-1-Diabetes, an dem fünf bis zehn Prozent der Diabetes-Patienten in Deutschland leiden, und Typ-2-Diabetes, der ca. 90 Prozent der deutschen Diabetiker ausmacht.

Die auffälligsten Symptome des Diabetes mellitus sind ausgeprägte Müdigkeit, starker Durst, Juckreiz und vermehrtes Wasserlassen. Benannt ist die Krankheit nach dem süßlichen Geschmack des Urins der Betroffenen. Beim Diabetes mellitus handelt es sich um eine chroniscche Krankheit, die den Patienten ein Leben lang begleitet und die, wenn sie nur unzureichend oder unter Umständen gar nicht behandelt wird, einen tödlichen Ausgang haben kann.

Wichtig für das Verständnis der Krankheit ist der Zusammenhang zwischen dem Kohlenhydratstoffwechsel und dem Hormon Insulin. Um aus den Kohlenhydraten Energie gewinnen zu können, benötigt der Körper das Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Das Insulin bewirkt unter anderem die Aufnahme von Zucker in die Körperzellen (Fett-, Leber- und Muskelzellen) und sorgt damit für eine Regulation des Blutzuckerspiegels. Kann die Bauchspeicheldrüse kein oder nur ungenügend Insulin produzieren, so liegt Diabetes mellitus vor.

Typ-1-Diabetes   
Der Typ-1-Diabetes tritt meist im Jugendalter auf. Hierbei zerstören körpereigene Antikörper die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse (Langerhan‘sche Inseln), so dass sich die Patienten das Hormon ihr Leben lang zuführen müssen.

Typ-2-Diabetes  
Beim Typ-2-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse zwar noch Insulin, welches jedoch nicht ausreichend wirken kann, da durch langjährigen Bewegungsmangel und falsche Ernährung der Körper „abgestumpft“ ist und nicht mehr richtig auf Insulin reagiert. Die nicht verwertbare Glukose führt zu einem hohen Blutzuckerspiegel und schädigt langfristig Organe, Blutgefäße und Nerven. Letztlich kommt es durch eine Überbeanspruchung der Insulin produzierenden Zellen später auch hier zum Ausfall der Insulinbildung.

Mit fast 90 Prozent haben die meisten Betroffenen einen Typ-2-Diabetes. Er tritt im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes häufig ab dem 40., vor allem aber ab dem 60. Lebensjahr auf und wird deshalb auch als „Altersdiabetes“ bezeichnet. Infolge von Bewegungsmangel und unausgewogener Ernährung nimmt aber heute auch unter Kindern diese Form des Diabetes immer mehr zu. Insgesamt sind mehr Frauen als Männer von der Erkrankung betroffen.

Diabetes tut nicht weh   
Altersdiabetes beginnt schleichend und schmerzlos. Deshalb wird er oft erst bemerkt, wenn Blutgefäße und Nieren schon massiv geschädigt sind. Beim Typ-2-Diabetes kann es bis zu zwölf Jahren dauern, bis eine entsprechende Diagnose gestellt wird. Zu diesem Zeitpunkt leidet bereits die Hälfte der Betroffenen unter charakteristischen Komplikationen. Aus präventivmedizinischer Sicht wäre eine Lösung jedoch nicht sonderlich kompliziert. Dieses muss allerdings schon bei den Kindern ansetzen, da die Grundlagen für Übergewicht heute bereits im Kindesalter geschaffen werden. Generell kommt es dabei auf eine ausgewogene Ernährung sowie regelmäßige körperliche Aktivitäten an. Das Zusammenspiel von Kohlenhydraten, Insulin und Muskelzelle kann den Mechanismus für einen ernährungsbedingten Diabetes positiv beeinflussen.

Folgen von Diabetes mellitus   
Bei beiden Diabetesformen führt der chronisch erhöhte Blutzuckerspiegel zu Schäden an den Blutgefäßen, die schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen: Pro Jahr erleiden 44.000 Diabetiker in Deutschland einen Schlaganfall, 27.000 einen Herzinfarkt, und ebenso vielen müssen Gliedmaßen, meist die Füße, amputiert werden. Tausende entwickeln zudem eine Niereninsuffizienz oder erblinden, weil Blut aus geschädigten Augenkapillaren in den Glaskörper eindringt. Männer können impotent werden, weil auch die Nerven in den Sexualorganen geschädigt werden können. Ein schlecht eingestellter Blutzuckerwert kann zu folgenden Schädigungen an großen und kleinen Blutgefäßen, den sogenannten makro- und mikroangiopathischen Folgeerkrankungen führen:

Diabetische Retinopathie:
Dabei handelt es sich um eine Beschädigung der Netzhaut (Retina) am Hintergrund des Augapfels. Diabetes beschädigt die kleinen Blutgefäße der Netzhaut, da Glukose und andere Zuckerstoffe sich an den Gefäßwänden ablagern und so die ausreichende Durchblutung verhindert wird. In Europa und den USA ist die Retinopathie die häufigste Erblindungsursache bei Menschen zwischen dem 20. und 65. Lebensjahr. In Deutschland erblindet alle 90 Minuten ein Diabetiker.

Neopathie:
Der Diabetes kann die Nerven auf zwei Arten angreifen: indirekt über die verminderte Blutversorgung und direkt als Folge eines zu hohen Blutzuckerspiegels. Infolge des erhöhten Blutzuckerspiegels verkleben die Blutgefäße, welche die Arme und Beine mit Blut versorgen, so dass es zu Durchblutungsstörungen der Nervenfasern kommt. Dies hat zur Folge, dass der Nerv nicht mit der ausreichenden Menge Sauerstoff versorgt wird. Dabei kommt es zu Kurzschlussreaktionen, die die Nerven schädigen.

Nierenversagen:
Die Nieren werden durch die diabetische Mikroangiopathie und den damit verbundenen Durchblutungsstörungen geschädigt. Diese Nierenschädigung kann zu einem chronischen Nierenversagen führen und eine regelmäßige Dialyse notwendig werden lassen. Zudem bewirkt die Schädigung der Nieren einen hohen Blutdruck, der in der Regel medikamentös behandelt werden muss.

Diabetischer Fuß:
Die verminderte Durchblutung und Schädigung der Nerven verbunden mit Gefühlsstörungen in den Füßen führen zu offenen, schlecht heilenden Wunden und Geschwüren, die auch heute noch Amputationen notwendig machen können. Vorbeugende Maßnahmen und eine entsprechende Aufklärung der Patienten über die richtige Fußpflege (regelmäßiges Waschen der Füße mit lauwarmem Wasser und gründliches Abtrocknen, Vermeidung von Verletzun gen bei der Pediküre) und das geeignete Schuhwerk sind absolut unumgänglich.

Weitere Folgeschäden:
Beim Diabetes mellitus treten auch Veränderungen an den großen Blutgefäßen auf (Makroangiopathie). Hierbei handelt es sich um Arteriosklerose. Vor allem in Verbindung mit erhöhten Blutfettwerten, hohem Blutdruck, Übergewicht und Nikotingenuss sind chronisch  erhöhte Blutzuckerwerte ein wesentlicher Faktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Weitere schwerwiegende Folgen eines Diabetes mellitus können Störungen der Libido und Erektionsprobleme sein.

Der Blutzuckerspiegel 
Die Bestimmung des Blutzuckerspiegels ist nicht schwer. Dazu ist nur ein kleiner Tropfen Kapillarblut, der meist aus der Fingerkuppe oder dem Ohrläppchen entnommen wird, notwendig. Diese Methode wird mit elektronischen Messgeräten vorgenommen. Sie ist sehr einfach und wird von den Diabetikern zur Selbstkontrolle angewandt. Dabei wird der winzige Blutstropfen auf einen Teststreifen geggeben, der dann in das Gerät gelegt wird. Bereits nach kurzer Zeit wird der Blutzuckerwert auf einem Display angezeigt.

Weil die Nahrungsaufnahme den Blutzuckerspiegel stark beeinflusst, sollte er stets nüchtern (12 Stunden nach der letzten Mahlzeit) gemessen werden.
Der normale Blutzuckerwert (Nüchternwert) liegt zwischen 60-100 mg/dl. Nach dem Essen steigt der Wert üblicher Weise bis 140 mg/dl an. Übersteigt der Wert 180 mg/dl, schaffen es die Nieren nicht mehr, sämtliche Glukose auszufiltern, und Glukose wird auch im Urin nachweisbar (Glukosurie). Die Nierenschwelle kann individuell unterschiedlich sein.

Ein nüchtern gemessener Blutzuckerwert von 100-120 mg/dl gilt als Grenzbereich, über 120 mg/dl wird von einem diabetischen Blutzuckerwert gesprochen. Wird dieser Wert mehrfach gemessen, so ist der Betroffene „zuckerkrank“. Nur wer einen Blutzuckerwert unter 110 mg/dl hat, gilt als Nichtdiabetiker.

Was ist der HbA1c-Wert  
Der HbA1c-Wert gibt den Anteil des „gezuckerten“ roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) am Gesamthämoglobin wieder. Dieses stabile „Zucker-Hämoglobin“, in der Fachsprache „glykolisiertes Hämoglobin“ bzw. „HbA1c“ genannt, entsteht bei jedem Menschen, nicht nur bei Diabetikern, und ist unabhängig von der durchschnittlichen Blutzuckerkonzentration. Vereinfacht ausgedrückt: Je höher der Blutzuckerspiegel über einen gewissen Zeitraum, desto höher der HbA1c-Wert.

Mit dem HbA1c-Wert kann der Arzt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 8-10 Wochen ermitteln, unabhängig von zwischenzeitlichen Schwankungen, deshalb wird der HbA1c-Wert häufig auch als Langzeitblutzuckerwert bezeichnet.

Ob der Blutzucker gut eingestellt ist, kann man anhand des HbA1c-Wertes ablesen. Je besser der Blutzucker eingestellt ist, desto niedriger ist auch der HbA1c-Wert. Bei gesunden Menschen liegt er zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, bei Patienten mit gut eingestelltem Diabetes mellitus zwischen 6,5 und 7,0 Prozent und bei schlecht eingestellten Diabetikern über 7,5 Pozent.

Wer ist besonders gefährdet? 
Zur Risikogruppe gehören über 40jährige mit Übergewicht. Wenn in der Familie schon Fälle von Zuckerkrankheit aufgetreten sind, liegt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei rund 20-50 Prozent. Mit zunehmendem Alter und Gewicht steigt also die Gefahr.
Bedrohlich ist daher auch die Zunahme vom Typ-2-Diabetes im Verhältnis zur steigenden Zahl übergewichtiger Kinder zu sehen. Schon heute ist fast jedes vierte Kind im Alter von fünf bis sieben Jahren übergewichtig. Bei Neun- bis Elfjährigen sind es sogar über 40 Prozent.

Thereapie des Diabetes mellitus 
Da Typ-1-Diabetikern die Insulinproduktion vollständig fehlt, müssen sie von Anfang an ihrem Körper Insulin zuführen.

Typ-2-Diabetikern wird gemäß den Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft zuerst mit einer Änderung des Lebenstils behandelt. Dies sieht vor allem eine Diät und mehr Bewegung vor. Eine Diabetes gerechte Ernährung beinhaltet die Zufuhr aller essenziellen Nahrungsbestandteile, fettarmes, kohlenhydrat- und ballaststoffreiches Essen, Erhaltung bzw. Erzielung des Idealgewichtes bzw. Abbau von Übergewicht bei Typ-2-Diabetes.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, beginnt die Therapie mit unterschiedlichen Wirkstoffen, die in Tablettenform eingenommen werden, so genannten oralen Antidiabetika.

Wenn diese Medikamente nicht mehr in der Lage sind, eine möglichst normale Blutzuckereinstellung zu gewährleisten, sollte schnellst möglich die Therapie mit Insulin begonnen werden.

Betroffene werden meist im Krankenhaus geschult, wie sie ihren Blutzucker messen und wie und wann das Insulin dann gespritzt werden muss. Aktuell spritzen etwa 1,4 Millionen Diabetiker in Deutschland Insulin. Die subkutanen Insulininjektionen können mit Hilfe von „Pens“ erfolgen. Das sind füllhalterähnliche Geräte, die das Insulin in Patronen enthalten und mit denen die gewünschte Dosis per Knopfdruck gespritzt werden kann. Neuerdings kann man Insulin auch einatmen. Inhalatives Insulin wird mit Hilfe eines  speziell entwickelten Inhalationsgerätes in die Lunge eingeatmet.